Samstag, 11. August 2007

Freitag, 10. August 2007: An der Mauer

Der Tag begann sehr gut mit – Ausschlafen. Ich bin in der Woche noch nicht wieder ganz im Schulrhythmus und abends immer noch so lange wach, dass ich nur fünf bis sechs Stunden Schlaf jede Nacht habe. Das ist eindeutig zu wenig, wenn Du mich fragst. Dann telefonierte ich eine Viertelstunde lang auf hebräisch mit englischen Anleihen mit einer Gesellschaft, deren Namen ich immer noch nicht kenne. Aber jetzt kann ich für gar nich mal so teuer auch ins Ausland telefonieren. Dann hab ich nach diesem Kraftakt erst mal Pause vom Arbeiten gemacht.
Am Abend hab ich mich aufgemacht und den „kotel“, die „Mauer“ besucht. Die Klagemauer trägt das Plateau, auf dem früher der jüdische Tempel stand – und heute der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee. Ich lief durch das muslimische Viertel und sah unterwegs noch drei andere Gruppen von Menschen: erstens arabische Kinder, die auf der Straße spielten – vermutlich Kinder von arabischen Christen, denn die Muslime feiern Freitag abends ihr Feiertagsende und die Juden den Feiertagsanfang, da is nix mit auf der Straße spielen. Zweitens orthodoxe Juden, die mit mir in Richtung Klagemauer pilgerten. Und drittens an jeder Straßenecke ein Pärchen Soldaten mit der MG im Arm, die dafür sorgen sollen, dass sich die jüdischen und muslimischen braven Gottesdienstgänger auf dem Weg zum oder vom Gottesdienst nicht in die Haare kriegen.
Jeden Freitag Abend zum Schabbat-Anfang versammeln sich Tausende von frommen Juden am Fuß des Tempelberges und feiern einen stimmgewaltigen Gottesdienst. Drei Viertel der Teilnehmer sind orthodoxe Juden. Sie sind leicht zu erkennen, da die Männer alle (!) einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und fast alle auch einen schwarzen Hut tragen; nur die Länge des Anzugjacketts darf offensichtlich variieren. Man wird als harmloser Tourist sofort identifiziert. Wenn man sich nicht wirklich pietätlos benehmen will, kann man sich nur noch auf die breite Treppe setzen, die vom Haupteingang auf den hell erleuchteten Platz führt. Es ist ein imposanter Anblick. Was hat diese Mauer für eine mächtige Wirkung auf eine ganze Nation, eine ganze Religion! Was trägt diese Mauer für eine Macht, für einen weltpolitischen Zündstoff in sich…



Leider ist das Bild etwas verschwommen, weil man am Sabbat hier gar nicht knipsen darf. Deshalb musste ich es recht schnell und ohne große Stützen machen.
Man sieht recht deutlich, wie direkt vor der Mauer die Farben schwarz (eher links) und weiß (weiter rechts) dominieren. Links ist nämlich der Bereich für die Männer, rechts der für die Frauen (die auch recht konform in weißen oder beigen Kleidern rumlaufen).



Ich hab nach einiger Zeit noch zwei Mädels angesprochen, die auch auf der Treppe saßen und mir verdächtig… deutsch aussahen (obwohl ich das gar nicht an bestimmten Merkmalen festmachen konnte). Tatsache – es waren zwei Theologiestudenten aus Münster, die ab dem nächsten Tag bei einer Ausgrabung von Prof. Oeming aus Heidelberg mitarbeiten würden. Die Welt ist ein Dorf, wenn man es auch nicht immer gleich auf den ersten Blick sieht. Wunderte mich ein bisschen, ob ich auch so einfach als Deutscher zu identifizieren war. Meine Nationalität macht mir ja gar nicht so viel aus, aber ich will nicht mit dem ersten Blick in einem Topf mit den ganzen Touristen landen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

...schreib mir mal, wie die beiden Theologiestudentinnen aus Münster hießen...bzw. aussahen... Könnte gut sein, dass ich sie kenne. ;-)