Mittwoch, 2. Januar 2008

Mittwoch, 2. Januar 2008: Weihnachten im Land der eingemauerten Krippen

Weihnachten. Weihnachten an der Quelle, am Ort des Geschehens... und trotzdem, irgendwie viel weniger weihnachtlich als in Ostfriesland. Vielleicht, weil weihnachtlich auch immer ein bisschen das ist, was man seit Jahr und Tag immer gemacht hat. Aber vielleicht auch, weil dieses Land einfach ein jüdisches Land ist und mit christlichen Festen nicht sooo viel am Hut hat - und auch nicht haben möchte. Ich hatte sogar gewisse Schwierigkeiten, mir einen Weihnachtsbaum zu organisieren. Bei der Kirchengemeinde konnte ich dann schließlich einen kaufen, sogar für nur umgerechnet 8,50 Euro. Und wo er mir jetzt das Zimmer einen guten Schwung gemütlicher macht ("wie glänzt er festlich, lieb und mild"), bin ich auch mächtig stolz auf ihn.
Mein persönlicher absoluter Höhepunkt waren übrigens die Advents- und Weihnachtslieder, vor allem die in den vier Adventsgottesdiensten. Am dritten Advent "Tochter Zion" (Zion ist ja ein anderer Name für Jerusalem!) mitten in der Jerusalemer Altstadt zu singen, war einfach unschlagbar. Ich hab schon hinten in der Kirche an Eingang gestanden, weil ich immer direkt nach der Predigt los muss zum Sprachkurs in der Uni. Das war auch gut so, denn ich hab so gefeiert und getanzt, dass ich die anderen Gottesdienstbesucher wohl ziemlich irritiert hätte, wenn sie mich hätten sehen können.
Am Heiligabend haben wir mit einigen christlichen und einigen jüdischen Studenten zusammen gegessen, ein paar Lieder gesungen und sogar die Weihnachtsgeschichte gelesen. Das fanden vor allem die Juden sehr interessant. Wir Deutschen waren uns nachher einig, dass wir uns doch ziemlich in der Fremde fühlen hier - und dass die paar Weihnachtslieder, die wir mehr schräg als recht mit meiner Gitarre gesungen haben, einem doch erstaunlich viel Weihnachten geben. Je weniger man hat, desto kostbarer wird das Wenige.
Danach sind wir in einen proppevollen deutsch-arabisch-englisch-hebräischen Weihnachtsgottesdienst in die Kirche gegangen. Nachts sind wir in zweieinhalb Stunden auf Schafhirtens Spuren nach Bethlehem gelaufen. Allerdings durchbrechen die 8 Meter hohe graue Betonmauer zwischen Israel und Palästina und die kahlen Wellblechhallen am Checkpoint die weihnachtliche Stimmung gnadenlos. Man wusste nicht so recht, ob man sagen sollte "so ein Unfrieden, obwohl doch Weihnachten ist" oder "Weihnachten, obwohl hier so ein Unfrieden herrscht". Nach einem gemeinsamen Abschluss in der auch überfüllten Bethlehemer Geburtskirche tranken wir noch einen nächtlichen Tee bei einem Freund und um sechs Uhr morgens war ich im Bett. Tatsächlich ein bisschen anders als ich Weihnachten in Deutschland immer gefeiert hab.
Aber im Rückblick - nein, nicht weniger weihnachtlich als die letzten Jahre in Ostfriesland. Weihnachten ist nicht das, was man auf den ersten Blick sieht - vielleicht nicht einmal auf den zweiten. Auch die hohen Herren aus dem Fernen Osten haben den Stall und die Krippe nicht auf Anhieb gefunden. Und als sie sie gefunden haben, werden sie sich mehr als einmal die Augen gerieben haben.

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