Samstag, 6. September 2008

Donnerstag, 4. September 2008: Jeder mit seiner Geschichte

Heute kam Schwester Boshidara aus Amman zu Besuch. Sie ist auch eine Ordensschwester der Mutter Theresa – die Schwestern besuchen sich gern untereinander, das fördert die übergreifende Gemeinschaft und den Weitblick – und außerdem kann man bei der Gelegenheit wichtige christliche Stätten sehen und dort beten. (Glaubst Du nicht? Wirklich, das ist für die Schwestern hier das Allergrößte.) Außerdem hatte Schwester Boshidara selbst einmal einen Monat lang in diesem Haus in Nablus gelebt, bevor sie nach Betlehem und dann Amman ging. Deswegen gab es beim Wiedersehn ein großes Hallo mit jeder einzelnen Schwester.
Ich war schon nach Kurzem sehr beeindruckt von ihr. Sie war unglaublich schwungvoll und fröhlich, aber gleichzeitig sehr aufmerksam, wenn sie mit jemandem sprach. Sie kannte noch von fast allen Kindern die Namen und Eigenheiten. Bei manchen erklärte sie mir, aus welchen familiären Verhältnissen sie stammten – plötzlich konnte ich ihre Ängste, Stimmungen und Charaktere viel besser verstehen. Die immer traurige Leen zum Beispiel (sie hat große dunkle Augenbrauen und kann furchtbar düster gucken und dabei die Stirn runzeln) hat geschiedene Eltern – beide haben wieder geheiratet und keiner von beiden wollte das behinderte Kind mit in die neue Ehe nehmen.
Ich habe mich sehr daran gefreut, wie Schwester Boshidara so jedes Kind als ein ganz einzigartiges Wesen wahrnahm. Und wünschte mir, ich könnte die Kinder noch besser kennen lernen und ihnen in ihrer eigenen Sprache noch mehr von der Liebe geben, nach der sie mit großen Augen schrien.

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