Montag, 29. Oktober 2007

Mo. 29. Oktober 2007: Semesteranfaenge

Letzte Woche hat das Wintersemester an der Hebraeischen Universitaet angefangen. Mit all seinen interessanten Begleiterscheinungen. Bis jetzt finden meine hebraeischen Veranstaltungen zum Teil noch gar nicht statt, denn die Professoren streiken. Sie wollen mehr Geld, da ihnen in den letzten zehn Jahren (u.a. auch durch die Inflation) der reale Lohn um 30 Prozent gekuerzt wurde. Die Regierung sagt, was wollt ihr eigentlich, ihr gebt doch eh nur 6 Stunden Unterricht in der Woche. Bei einem solchen freundlichen Verhandlungston kann der Streik wohl noch etwas dauern.
Unser Talmud-Einfuehrungskurs findet allerdings statt. In ihm habe ich in nur drei Stunden schon ein paar sehr typische Merkmale der juedischen Hermeneutik kennen gelernt.
Ein Merkmal ist eine staendige Rueckbesinnung auf die Mikrah, das Geschriebene, und den Literalsinn. Mehrfach in jeder Stunde (die eben, typisch juedisch, hauptsaechlich aus Diskussion besteht) hoert man den Satz vom Lehrer: "Aber das steht da so nicht geschrieben! Was haben wir hier geschrieben? Was steht da?" Es erinnert einen ein wenig an Luthers Anleitung zum
rechten Bibelstudium: "Du sollst die Schrift lesen und wiederlesen und nicht etwa glauben, dass Du sie nach zwei oder drei Mal Lesen ausgelernt hast... Da wird nimmer ein rechter Theologus draus."
Demgegenueber... muss ich jetzt ganz dringend zur naechsten Veranstaltung. Update folgt spaeter.

Mittwoch, 24. Oktober 2007

Mittwoch, 24. Oktober 2007: Lesefrüchte zum Zuhören

Er kocht für uns.
Es ist eine Art Gesetzmäßigkeit. Wenn man sich bei Leuten wohl fühlt, landet man in der Küche. In Qaanaaq wohnten wir in der Küche. Hier begnüge ich mich damit, in der Tür zu stehen. Seine Küche ist zwar geräumig, aber er füllt sie auch allein ganz gut aus.
Manche Frauen können Soufflé machen. Haben zufällig gerade ein Rezept für Mokkaparfait in ihrem Sport-BH. Können mit der einen Hand ihre Hochzeitstorte schichten und mit der anderen Pfeffersteak Nossi Bé machen.
Darüber sollten wir uns alle freuen. Solange das nicht heißt, dass wir anderen ein schlechtes Gewissen haben müssen, weil wir noch nicht mal mit unserem elektrischen Toaster auf du und du sind.
Er hat einen Berg von Fischen und einen Haufen Gemüse da. Lachs, Makrele, Dorsch, verschiedene Plattfische. Zwei große Krebse. Schwänze, Köpfe, Flossen. Außerdem Mohrrüben, Zwiebeln, Lauch, Wurzelpetersilie, Fenchel, Topinambur.
Er wäscht und kocht das Gemüse.
Ich erzähle von Ravn und Kapitän Telling.
Er setzt Reis auf. Mit Kardamon und Sternanis.
Ich erzähl ihm von den Vertraulichkeitsklauseln, die ich unterschrieben hab.
Von den Berichten, die Ravn hatte.
Er seiht das Gemüsewasser und kocht die Fischstücke.
Ich erzähle von den Drohungen. Davon, dass sie mich jederzeit verhaften können.
Er nimmt die Fischstücke nacheinander heraus. Von Grönland her erinnere ich mich gut daran. Aus der Zeit, als wir uns zum Essen kochen Zeit nahmen. Fisch hat ganz unterschiedliche Garzeiten. Dorsch ist sofort weich. Makrele später, Lachs noch später.
„Ich habe Angst vor dem Eingesperrt sein“, sage ich.
Die Krebse gibt er zuletzt hinein. Er lässt sie höchstens fünf Minuten mitkochen.
In gewisser Weise bin ich erleichtert darüber, dass er nichts sagt, mich nicht ausschimpft. Er ist der einzige, der weiß, wie viel wir wissen. Wie viel wir jetzt vergessen müssen.
Ich halte es für notwendig, ihm das mit der Klaustrophobie näher zu erklären.
„Weißt du, was hinter der Mathematik steckt?“, frage ich. „Hinter der Mathematik stecken die Zahlen. Wen mich jemand fragen würde, was mich richtig glücklich macht, dann würde ich antworten: die Zahlen. Schnee und Eis und Zahlen. Und weißt du, warum?“
Er knackt die Scheren mit einem Nussknacker und zieht das Fleisch mit einer gebogenen Pinzette heraus.
„Weil das Zahlensystem wie das Menschenleben ist. Zu Anfang hat man die natürlichen Zahlen. Das sind die ganzen und positiven. Die Zahlen des Kindes. Doch das menschliche Bewusstsein expandiert. Das Kind entdeckt die Sehnsucht, und weißt du, was der mathematische Ausdruck für die Sehnsucht ist?“
Er gibt Rahm und ein paar Tropfen Apfelsinensaft in die Brühe.
„Es sind die negativen Zahlen. Die Formalisierung des Gefühls, dass einem etwas abgeht. Und das Bewusstsein erweitert sich immer noch und wächst, und das Kind entdeckt die Zwischenräume. Zwischen den Steinen, den Moosen auf den Steinen, zwischen den Menschen. Und weißt du, wohin das führt? Zu den Brüchen. Die ganzen Zahlen plus die Brüche ergeben die rationalen Zahlen. Aber das Bewusstsein macht dort nicht Halt. Es will die Vernunft überschreiten. Es fügt eine so absurde Operation wie das Wurzel ziehen hinzu. Und erhält die irrationalen Zahlen.“
Er backt die Baguettes im Ofen auf und füllt Pfeffer in eine Mühle.
„Es ist eine Art Wahnsinn. Denn die irrationalen Zahlen sind endlos. Man kann sie nicht schreiben. Sie zwingen das Bewusstsein ins Grenzenlose hinaus. Und wenn man die irrationalen Zahlen mit den rationalen zusammenlegt, hat man die reellen Zahlen.“
Ich bin in die Küche getreten, um Platz zu haben. Man hat so selten die Möglichkeit, sich einem Mitmenschen zu erklären. In der Regel muss man darum kämpfen, zu Wort zu kommen. Und das hier liegt mir wirklich am Herzen.
„Es hört nicht auf. Es hört nie auf. Denn jetzt gleich, auf der Stelle, erweitern wir die reellen Zahlen um die imaginären, um die Quadratwurzeln der negativen Zahlen. Das sind Zahlen, die wir uns nicht vorstellen können. Zahlen, die das Normalbewusstsein nicht fassen kann. Und wenn wir die imaginären Zahlen zu den reellen Zahlen dazurechnen, haben wir das komplexe Zahlensystem. das erste Zahlensystem, das eine erschöpfende Darstellung der Eiskristallbildung ermöglicht. Es ist wie eine große, offene Landschaft. Die Horizonte. Man zieht ihnen entgegen, und sie ziehen sich immer wieder zurück. Das ist Grönland, und das ist es, ohne das ich nicht sein kann! Deshalb will ich mich nicht einsperren lassen.
Auf einmal bin ich vor ihm gelandet.
„Smilla“, sagt er. „Darf ich dich küssen?“
Wir machen uns wohl alle ein Bild von uns. Ich habe mich immer als Grobian mit großer Klappe gesehen. Jetzt weiß ich nicht, was ich sagen soll. Ich habe das Gefühl, dass er mich verraten hat. Nicht so zugehört hat, wie er es hätte tun sollen. Dass er mich im Stich gelassen hat. Andererseits tut er ja nichts. Er behelligt mich nicht. Er steht vor den dampfenden Töpfen und schaut mich nur an.
Mir fällt keine Antwort ein. Ich stehe bloß da und habe keine Ahnung, was ich mit mir anfangen soll, der Augenblick ist da, und dann ist er glücklicherweise vorbei.
(Peter Hoeg: Fräulein Smillas Gespür für Schnee, Buch 2, Kap. 1)

Freitag, 19. Oktober 2007

22. September 2007: Yom Kippur

Yom Kippur ist der höchste Festtag im jüdischen Jahreskalender. Es ist der Tag, an dem Gott Gericht hält über das letzte Jahr und die guten und die bösen Taten der Juden gegeneinander abwägt. Deshalb trägt man an diesem Tag ausschließlich schwarz und weiß - noch konsequenter als bei uns am Karfreitag.
Ich bin mit Markus und Martin am Vorabend in die Große Synagoge in den Yom-Kippur-Gottesdienst gegangen. Eine ganze Zeitlang dachte ich, es wäre der längste Gottesdienst meines Lebens gewesen - es waren etwa drei Stunden -, aber dann fielen mir die Silvester-Gebetsnächte ein, die ich mit dem Jugendkreis in Ostfriesland schon gemacht hab, die waren doch etwas länger. Aber es zog sich doch ziemlich in die Länge... vor allem ab dem Moment, in dem ich bemerkte, dass ich vermutlich auch noch vom hintersten Ende der riesigen Halle in dem einheitlichen Schwarzweiß einen leuchtenden Farbklecks in der Menschenmasse abgab - ich hatte nämlich in meiner Schusseligkeit ein orangenes Hemd angezogen.

22. September 2007: Yom Kippur


Die meisten religösen Juden finden sich mehr oder weniger mit der Hoffnung ab, dass Gott am Ende ganz sicher gnädig mit seinem Volk sein wird. Unter den Ultraorthodoxen hat sich jedoch unter vielen verschiedenen Sitten eine besonders interessante herausgebildet, um am Ende auf der sicheren Seite zu sein. Eine gewisse Lücke im jüdischen Glauben ist ja dadurch entstanden, dass es seit der Zerstörung Jerusalems 70 n.Chr. keinen Tempel und auch keine Opfer mehr gibt.
Diese Lücke wird teilweise durch das Ritual gefüllt, früh am Morgen von Yom Kippur ein Huhn zu schwingen. Das bedeutet tatsächlich, ein lebendiges Huhn mehr oder weniger liebevoll über dem eigenen Kopf und denen der Familie zu schwingen, um die eigenen Sünden auf das Tier zu laden. Danach wird das Tier geschlachtet und gegessen. Das Ritual wird von vielen Rabbinern abgelehnt, weil es sich eigentlich nicht groß von einem Opfer unterscheidet, und die sind eben ohne Tempel strikt untersagt. Außerdem ist es theologisch ja auch fragwürdig, das Huhn genüsslich zu verspeisen, auf das man gerade seine ganzen Sünden geladen hat. Einige Ultraorthodoxe verschenken das Huhn auch an Arme, statt es selbst zu essen. Eigentlich macht es das aber auch nicht besser, seine Sünden irgendeinem Armen anzudrehen...
Ziel und Zweck dieser Sitte ist es jedenfalls, am Ende des Tages selbst möglichst frei von Sünden dazustehen, um sich durch das große Gericht Gottes retten zu können.
Markus und ich haben uns kühn morgens um sechs aufgemacht und sind ins fromme Viertel Me'a She'arim spaziert, um ein paar Fotos von Hühner schwingenden Ultraorthodoxen zu schießen. Es war nicht ganz so einfach, weil diese erstens gerne unfreundlich zu überhaupt allen Nicht-Ultraorthodoxen sind und zweitens man ja auch noch so viel Pietät besitzt, sich nicht mit der Digicam mitten in so eine religiöse Zeremonie zu stellen... (Wer sich bei www.youtube.com ein bisschen umguckt, findet dort noch mehr und vielleicht auch noch anschaulichere Bilder und Videos.)

Am späten Nachmittag sind wir dann zur Klagemauer gegangen und haben den Gottesdienst dort aus nächster Nähe verfolgt. Die gesprochenen, gesungenen und geschrienen Bitten an Gott, doch bitte gnädig zu sein, werden immer intensiver und emotionaler, je näher die Minute des Sonnenuntergangs rückt. Dann wird ein letztes Mal die Shofar, das Horn geblasen, und der Richtspruch ist gefallen. Schlagartig schlägt die Stimmung in ein wahres Freudenfest um - eine Gruppe nach der anderen stimmt Freudesgesänge und Jubelgeschrei an, bis der Platz vor der Klagemauer wirkt, als hätten sich alle Fußballfans nach dem WM-Spiel um den dritten Platz vom Stuttgarter Schlossplatz schwarz-weiß angezogen und nach Jerusalem gebeamt.

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Links zu meinen Fotoalben

Mein Leben in Bildern. Untertitel: Biographie in Auszügen*


Entdeckungen


Kuriositätensammlung


Sinai-Reise (Sep 2007)


gewidmet der hochversehrten Doro, geschiedene von und zu Dodohausen, auf einem von den sieben Bergen, die mich auf das Fehlen dieser Links hingewiesen hat

Montag, 15. Oktober 2007

Montag, 15. Oktober 2007: Einkäufe

Zu den wichtigsten Sachen, die ich nach unserer langen Reise machen musste, gehörten natürlich auch einige Einkäufe. Glücklicherweise hab ich schon am Freitag in Bet She’an daran gedacht, dass es ja schon fast Schabbat ist, wenn ich in Jerusalem ankomme, und noch mal bei einem Supermarkt vorbeigeguckt. Ich brauchte doch irgendwas zum Tee, wenn ich in Jerusalem ankam. :-) Im Supermarkt gab es einen Schokokuchen für 6 Schekel (ungefähr 1 Euro) und einen für 12 Schekel (ungefähr 2 Euro). Ich machte den Fehler und nahm den billigen… Es war glaub ich der schlechteste Schokokuchen meines Lebens.
Am Schabbat bin ich dann in die arabische Altstadt gegangen und hab mich noch ein bisschen nach Käse umgeguckt. Ich hatte schon einmal hiesigen gelben Käse gekauft und festgestellt, dass die Israelis wesentlich besser darin sind, weißen Käse zu machen, z.B. Schafskäse… Deswegen nahm ich diesmal eineingeschweißtes Paket importierten Käse aus den Niederlanden. „Die wissen doch, wie man Käse macht“, dachte ich. Pustekuchen. Wahrscheinlich ist es eine schlechte Raubkopie. Er schmeckt… brrr. Ich werde wieder auf Schafskäse umsteigen.
Schließlich suchte ich noch eine gute Stunde nach dem leckeren Beduinentee, den ich im Sinai öfter gekriegt hatte. Leider sind sich die verschiedenen arabischen Ethnien und Gruppen auch untereinander teilweise spinnefeind. Die Jerusalemer Araber können (wie viele andere) die Beduinen nicht leiden und verkaufen konsequenterweise auch keinen Beduinentee. Deshalb kaufte ich schließlich eine Tüte simplen Jerusalemer arabischen Tee, der in einem großen Jutesack vor einem der vielen kleinen arabischen Läden stand. Zuhause in der Küche fiel mir meine Tüte Tee versehentlich um und ein bisschen von den Teeblättern verteilte sich über die Arbeitsplatte. Ich wunderte mich eine Sekunde, was sich da zwischen den Teeblättern bewegte, bis ich merkte, dass es Ameisen waren. Interessant – die kamen aus dem Tee… Tee mit Ameisen. Ich schob kurzerhand die Hochrechnung beiseite, wie viele Ameisen sich wohl insgesamt in der Tüte befinden würden. Da ich weder die Ameisen einzeln aus dem Tee sammeln noch den ganzen teuren Tee wieder wegschmeißen will, trinke ich jetzt Tee mit Ameisen. Er schmeckt interessant, hat gewisse Ähnlichkeit mit Assam-Tees. Aber an den Beduinentee aus dem Sinai reicht er nicht ganz heran.

Samstag, 13. Oktober 2007

Samstag, 13. Oktober 2007: Wieder… zuhause?

Was macht ein Zuhause aus? Jedes Mal, wenn ich umziehe, rückt mir diese Frage unheimlich nahe auf die Pelle. Was macht mein Zuhause aus? Immer wenn ich Menschen, ein Zimmer, eine lieb gewonnene Umgebung zurücklassen muss, packt mich die Wehmut und das Gefühl, etwas unwiederbringlich verloren zu haben. Ich bin ein melancholischer Mensch… in den Zeiten, wo sich viel in meinem Leben verändert, merke ich es selbst immer am deutlichsten. Gleichzeitig drängt sich mir aber auch die unbarmherzige Gewissheit auf, dass ich doch ein Wanderer bin, der in dieser Welt keine endgültige Heimat finden wird. Oder ist dieser Gedanke vielleicht gar nicht so unbarmherzig, wie er sich oft anfühlt?
Ich konnte manchmal in den drei Wochen im Juli zwischen Leipzig, Ostfriesland, München und Jerusalem recht viel Trost darin entdecken, manchmal aber auch nicht. Ich wusste jedenfalls die ganze Zeit über, dass es mir wohl ziemlich schwer fallen würde, mich ohne so viele gute Freunde, ohne meine Leipziger WG, ohne meine eigene Zimmereinrichtung irgendwo halbwegs „zuhause“ zu fühlen. Vielleicht kann es nicht jeder so gut verstehen, aber meine Bücher, mein Schreibtisch, mein kleines improvisiertes Teetischchen aus Umzugskarton und einem großen Stück dunkelblauen Stoff – sie haben mir in Leipzig unheimlich viel „Zuhause“ gegeben.
Als ich in Jerusalem nachts um drei in ein kahles, weiß gestrichenes und karg möbliertes Zimmer mit einer Neonröhre als Beleuchtung trat, trat mir diese Frage wieder mit Macht vor Augen: „Kann das für ein Jahr mein Zuhause werden??“
Ich war sehr froh, dass ich – mehr aus einer ungewissen Idee heraus – einige Postkarten mitgenommen hatte, die schon in Leipzig an Wänden und Zimmertür hingen. Als vorläufige Zimmerdeko erzählen sie mir mit vielen vertrauten Erinnerungen beharrlich, aber liebevoll und immer wieder, dass dies Zimmer tatsächlich „meins“ ist… mein Zuhause… zumindest für ein Jahr.
Als ich vor vier Wochen am letzten Abend meiner Sinai-Reise noch einmal am Strand saß, erwischte ich mich selbst plötzlich bei dem Gedanken, dass ich jetzt wieder nach „Hause“ zurückkehren würde – wieder in meinem eigenen Bett schlafen, wieder in meinem eigenen Zimmer wohnen würde. In der Tat, es fühlte sich schon wesentlich stärker danach an, nach Hause zu kommen, als ich wieder einmal mitten in der Nacht den Schlüssel in der Wohnungstür umdrehte und die Klinke meiner Zimmertür drückte. Das gleiche passierte mir dann in den letzten Tagen noch öfter, wenn ich mich gegen Ende unserer Nordisrael-Reise auf meine eigenen vier Wände freute. So was…
Jetzt sitze ich in meinem, tatsächlich „meinem“ Zimmer und lese beim Tee weiter „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“, das ich schon vor unserer Reise angefangen hatte. 12 Tage sind Markus, Anika und ich an der Mittelmeerküste auf und ab gewandert und am See Genezareth Jesu Fußstapfen nachgegangen. Eine Woche habe ich jetzt noch, um mich etwas zu sortieren, E-Mails zu beantworten und Fotos ins Internet zu stellen. Dann geht das Wintersemester los und legt mir wieder eine stramm strukturierte Woche vor.
Natürlich bin ich erst mal in das übliche Loch gefallen, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte vor lauter Freizeit und wollte-ich-schon-längst-mal-machen. Dabei merke ich deutlich, was meine Zimmerdeko nicht leisten kann. Ich vermisse gute alte Freunde, die mich seit Jahren kennen, die mich nehmen, wie ich bin, die wissen, wie man mir zuhört, bei denen ich – zuhause bin. Unsere deutsche Gruppe von Studenten hier in Jerusalem ist okay, ich verstehe mich mit allen ganz gut oder sogar besser. Es gibt eben nur Sachen, für die braucht man gute alte Freunde. Auch E-Mail und Telefon, Skype und ICQ sind nicht das gleiche wie ein Spaziergang zu zweit im Grünen oder ein gutes Bier auf dem Balkon. Gute alte Freunde sind ein großer Bestandteil von „Zuhause“… Freunde, Ihr fehlt mir!

„Nur wenige Menschen können zuhören. Ihre gehetzte Eile zieht sie aus dem Gespräch heraus, oder sie versuchen innerlich, die Situation zu verbessern, oder sie überlegen sich ihren Auftritt für den Moment, in dem man selber die Klappe hält, damit sie sich nun ihrerseits in Szene setzen können.
Mit dem Mann vor mir ist das anders. Wenn ich rede, hört er unzerstreut zu, was ich sage, und nichts sonst.“
Peter Hoeg: Fräulein Smillas Gespür für Schnee, Kap. 7.

„Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“
Hebräer 13, Vers 14.