Samstag, 18. August 2007

Dienstag, 14. August 2007: Ungeplanter Zwischenfall

Bin am Montag Abend verfrüht ins Bett gegangen, weil mir nicht gut war. Am Dienstag früh wusste ich dann auch, warum: Ich hatte dröhnende Kopfschmerzen und Fieber. Gefrustet hab ich Dienstag und Mittwoch im Bett verbracht, bis es mir am Donnerstag wieder besser ging. Drei Tage Uni verpasst. Nicht gut. Dafür darf ich am Montag um vier Uhr – nach dem langen Uni-Tag und einem Test im Lektürekurs – noch den wöchentlichen Test nachholen, den ich am Donnerstag verpasst habe. Mal sehn was DA wohl bei rauskommt...

Montag, 13. August 2007: Mission impossible

Hurra! Ich hab wieder eine Mission! Sie lautet: Verkehrserziehung. Gestern hab ich mir endlich ein Fahrrad gekauft. Heute Morgen bin ich dann gleich damit zur Uni auf den Har haZofim, den Mount Scopus gefahren. Erstaunlicherweise geht es erst mal ganz schön weit abwärts, bis ich dann auch bergauf fahren muss. (Heißt, der Heimweg ist dann nach dem langen Uni-Tag noch nicht mal so erholsam wie ich dachte.) Aber was soll’s. Ich kam fünf Minuten zu spät, weil ich dauernd angehalten habe, um auf der Karte nachzugucken, ob ich mich auch nicht verfahren habe. Habe ich aber nicht. Dafür dann auf dem Rückweg, als ich nicht mehr so oft auf die Karte guckte. Für den Hinweg brauchte ich eine halbe Stunde (und ich bin seeehr langsam gefahren), für den Rückweg eine ganze.
Es war ein unglaublicher Genuss, wieder Fahrrad zu fahren. Ich kam voller Adrenalin und Glückshormone in der Uni an. Rad fahren ist SUPER! Ich bin ein Radfahrer. Die erste Aufgabe meiner Verkehrserziehung muss es sein, dass die Israelis Radfahrer SEHEN lernen. Es ist ein unheimliches Gefühl: Sie SEHEN dich nicht. Israelische Autofahrer sind es gewohnt, im Augenwinkel ungefähr wahrzunehmen, ob ein Auto kommt, das größer ist als das eigene, und fahren dann gewöhnlich auch schon los. So unwichtige Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer sehen sie nicht. Man existiert in einem gewissen Sinn nicht, weil man zu unbedeutend ist. Das macht einen gewissen Reiz aus, es ihnen beizubringen.
Es gibt überhaupt nur eine einzige schlimme Stelle auf meiner Strecke, genauer auf dem Rückweg. An ihr treffen mehrere Ungunstfaktoren mit überzeugender Macht aufeinander. Es ist die steilste Stelle der Strecke und gleichzeitig eine der engsten, an der sich nachmittags auf dem Rückweg der Verkehr furchtbar staut. Kilometerlang so hinter den Bussen herzuzuckeln, die man unmöglich überholen kann und die einem bei jedem Mal Anfahren dicke schwarze stinkende Diesel-Qualmwolken ins Gesicht pusten, ist ein atemberaubendes Erlebnis. In diesen Momenten bereut man es, mit dem Fahrrad hinter einem Bus zu stehen und nicht – genau wie alle anderen Jerusalemer – dicht gedrängt in diesem vollklimatisierten Bus zu sitzen oder zu stehen und gelangweilt die Fußgänger, Autos oder die seltenen Verrückten mit ihren Fahrrädern da draußen zu beobachten.

Samstag, 11. August 2007

Samstag, 11. August 2007: Teekanne - was will man mehr?

Samstag Abend. Das Wochenende ist fast vorbei, denn in Israel beginnt die Arbeitswoche natürlich am Sonntag Morgen. Ich habe ein sehr entspannendes und teilweise auch sehr erfolgreiches Wochenende hinter mir. Das war auch nötig, denn die letzten fünf Tage Uni haben mich ziemlich geschlaucht. Dadurch ist mein Ostfriesenteekonsum auch schwupps wieder auf das alte Leipziger Maß gestiegen. Wenn man nachmittags total fertig von der Uni kommt und einem der Kopf brummt von sechs Stunden hebräischem Gerappel, geht einfach nix über eine ordentliche Kanne Tee, das beruhigt die Nerven und tut der Seele gut. Leider wird mein Vorrat deswegen nicht mal bis Weihnachten reichen. Ich muss wohl doch irgendwann einmal ein Paket ordern…

Freitag, 10. August 2007: An der Mauer

Der Tag begann sehr gut mit – Ausschlafen. Ich bin in der Woche noch nicht wieder ganz im Schulrhythmus und abends immer noch so lange wach, dass ich nur fünf bis sechs Stunden Schlaf jede Nacht habe. Das ist eindeutig zu wenig, wenn Du mich fragst. Dann telefonierte ich eine Viertelstunde lang auf hebräisch mit englischen Anleihen mit einer Gesellschaft, deren Namen ich immer noch nicht kenne. Aber jetzt kann ich für gar nich mal so teuer auch ins Ausland telefonieren. Dann hab ich nach diesem Kraftakt erst mal Pause vom Arbeiten gemacht.
Am Abend hab ich mich aufgemacht und den „kotel“, die „Mauer“ besucht. Die Klagemauer trägt das Plateau, auf dem früher der jüdische Tempel stand – und heute der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee. Ich lief durch das muslimische Viertel und sah unterwegs noch drei andere Gruppen von Menschen: erstens arabische Kinder, die auf der Straße spielten – vermutlich Kinder von arabischen Christen, denn die Muslime feiern Freitag abends ihr Feiertagsende und die Juden den Feiertagsanfang, da is nix mit auf der Straße spielen. Zweitens orthodoxe Juden, die mit mir in Richtung Klagemauer pilgerten. Und drittens an jeder Straßenecke ein Pärchen Soldaten mit der MG im Arm, die dafür sorgen sollen, dass sich die jüdischen und muslimischen braven Gottesdienstgänger auf dem Weg zum oder vom Gottesdienst nicht in die Haare kriegen.
Jeden Freitag Abend zum Schabbat-Anfang versammeln sich Tausende von frommen Juden am Fuß des Tempelberges und feiern einen stimmgewaltigen Gottesdienst. Drei Viertel der Teilnehmer sind orthodoxe Juden. Sie sind leicht zu erkennen, da die Männer alle (!) einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und fast alle auch einen schwarzen Hut tragen; nur die Länge des Anzugjacketts darf offensichtlich variieren. Man wird als harmloser Tourist sofort identifiziert. Wenn man sich nicht wirklich pietätlos benehmen will, kann man sich nur noch auf die breite Treppe setzen, die vom Haupteingang auf den hell erleuchteten Platz führt. Es ist ein imposanter Anblick. Was hat diese Mauer für eine mächtige Wirkung auf eine ganze Nation, eine ganze Religion! Was trägt diese Mauer für eine Macht, für einen weltpolitischen Zündstoff in sich…



Leider ist das Bild etwas verschwommen, weil man am Sabbat hier gar nicht knipsen darf. Deshalb musste ich es recht schnell und ohne große Stützen machen.
Man sieht recht deutlich, wie direkt vor der Mauer die Farben schwarz (eher links) und weiß (weiter rechts) dominieren. Links ist nämlich der Bereich für die Männer, rechts der für die Frauen (die auch recht konform in weißen oder beigen Kleidern rumlaufen).



Ich hab nach einiger Zeit noch zwei Mädels angesprochen, die auch auf der Treppe saßen und mir verdächtig… deutsch aussahen (obwohl ich das gar nicht an bestimmten Merkmalen festmachen konnte). Tatsache – es waren zwei Theologiestudenten aus Münster, die ab dem nächsten Tag bei einer Ausgrabung von Prof. Oeming aus Heidelberg mitarbeiten würden. Die Welt ist ein Dorf, wenn man es auch nicht immer gleich auf den ersten Blick sieht. Wunderte mich ein bisschen, ob ich auch so einfach als Deutscher zu identifizieren war. Meine Nationalität macht mir ja gar nicht so viel aus, aber ich will nicht mit dem ersten Blick in einem Topf mit den ganzen Touristen landen.

Montag, 6. August 2007

Montag, 6. August 2007: Foto der Woche



Der Innenhof des Schwedisch-Theologischen Instituts, wo wir häufig im Schatten sitzen, Gruppenbesprechungen haben oder auch unseren Kurs "Einführung in den Siddur". Netter Ort, da gibt es auch Tee und Kaffee umsonst für uns.





Gewürzpyramide auf dem Schuq (Markt) in der Altstadt. Sehr kunstvoll, nich?

Montag, 6. August 2007: Ein jeder Tag hat seine eigene Erkenntnis

Heute war der vierte Sprachkurs-Tag. Seit Donnerstag ist ja mein Tagesablauf vollständig von diesem Sprachkurs beherrscht. Vormittags sitze ich mit den anderen dreizehn Studenten in einem kleinen unterkühlten Raum in der Uni, nachmittags und abends mache ich zu Hause Hausaufgaben. Bis jetzt hatte interessanterweise auch jeder Tag seinen ganz eigenen Reiz und auch seine eigenen Erkenntnisse.
Am ersten Tag war – nicht weiter ungewöhnlich – alles neu. Und – das allerdings fand ich ungewöhnlich – der Sprachkurs war bei weitem nicht so schlimm wie ich zuerst dachte. Ich verstand zwar nix, aber die beiden Lehrerinnen für unsere Klasse sind freundlich und die Hausaufgaben waren auch ohne ihre Erklärungen (die ich ja nicht verstand) verständlich.
Am zweiten Tag, Freitag, stellte ich fest, dass danach schon wieder das Wochenende kam. Auch schön, sehr gnädig. Die Situation, dass man den halben Tag Hebräisch zuhören und die andere Hälfte des Tages Hebräisch schreiben muss, ist ja doch ein bisschen ungewohnt und anstrengend. Außerdem freute ich mich, dass ich tatsächlich FAST alle Hausaufgaben am Freitag schaffte.
Als ich dann gestern, Sonntag, aus dem kurzen Wochenende wieder in den Sprachkurs kam, freute ich mich, dass ich manche Sätze der beiden Jungs, die den Schnabel nicht still kriegen, sogar schon verstehen konnte. Und das Beste war: Sie haben einen genauso gruseligen Satzbau wie ich, nur kümmert es sie scheinbar überhaupt nicht. Sie können überhaupt nicht tausendmal besser Hebräisch als ich, sie sind nur wesentlich frecher. Leider stellte ich nach dieser aufbauenden Erkenntnis in der dritten und letzten Doppelstunde fest, dass das Leben doch nicht so schön ist. Wir hatten urplötzlich eine fremde Lehrerin im Klassenraum stehen. Sie redete vom ersten Moment an so schnell, wie ich noch nie einen Menschen hab reden hören. Es wurde einem schwindelig nur vom Zuhören, an den Versuch, etwas zu verstehen, war nicht zu denken. Sie rauschte mit uns durch einige Seiten unseres Übungsbuches, ich vermute, um die Hausaufgaben zu erklären. Zum Glück schrieb sie die Hausaufgaben auch an die Tafel. Das raubte mir die letzten Illusionen. Es waren so viele Hausaufgaben, wie Du noch nie in Deinem Leben aufgekriegt hast. Ich hab bis abends um halb zehn nicht die Hälfte davon fertig gekriegt.
Heute, am vierten Sprachkurs-Tag, war dann alles wieder gut. Seltsam: Ich konnte plötzlich unsere beiden Lehrerinnen Nora und Tali verstehen! Sie redeten so langsam… Hatten sie Mitleid mit uns bekommen? Ich verstand längst nicht jedes Wort, aber ich wusste den ganzen Tag lang immer, worum es gerade ging! Nur die Sache mit den Hausaufgaben hat sich irgendwie noch nicht in wunderbare Zuckerwatte aufgelöst. Aber vielleicht ist ja morgen meine „Erkenntnis des Tages“, dass die ganzen vielen Hausaufgaben alle total einfach und zick-zack erledigt sind…?

Samstag, 4. August 2007

Samstag, 4. August 2007: Schabbat

Heute ist Schabbat, der jüdische wöchentliche Feiertag. Das bedeutet Uni-frei! Denn am Schabbat dürfen die Juden nicht arbeiten, und das nehmen sie sehr ernst. Zum Beispiel ist es nach orthodoxer Meinung offensichtlich auch Arbeit, eine Tür aufzuschließen. Deswegen ist wohl heute an unserer Haustür der Schnapper offen, so dass die Tür auch ohne Schlüssel einfach aufgedrückt werden kann. Das macht es Dieben am Schabbat natürlich leicht, falls sie ein von frommen Juden bewohntes Haus plündern wollten, während die Bewohner gerade ihren. Aber wahrscheinlich ist Klauen auch Arbeit und am Schabbat nicht erlaubt. Außerdem dürfen Juden am Schabbat nicht allzu viele Schritte machen und kommen deswegen gar nicht so weit, dass Wohnungsplünderer ausreichend Zeit zum Plündern hätten… Mache mir also trotz der Offenheit meiner Mitbewohner um mein Hab und Gut in der Wohnung erst mal keine Sorgen.
Es ist Abend, ich sitz mal wieder auf der Fußgängerzone und nutze die kostenlosen Internetzugänge per W-LAN. Der israelische Tag beginnt und endet abends mit dem Sonnenuntergang. Das bedeutet, jetzt ist gerade der Schabbat vorbei. Deshalb dürfen auch die Läden wieder aufmachen, und die um sieben Uhr noch wie leergefegte Fußgängerzone rüstet sich jetzt um acht Uhr wieder zum Auftakt ins Nachtleben... Die Straßenmusiker sichern sich mit Gitarren und Bongotrommeln die besten Plätze und die israelischen Jugendlichen scheinen nur darauf zu warten, dass die zahlreichen Falaffel-Buden und Schnapsläden wieder aufmachen.
Wer möchte, darf auch gerne mal bei mir anrufen. Ich kann zwar noch nicht ins Ausland telefonieren, aber anrufbar müsste ich eigentlich sein. Meine Festnetz-Telefonnummer aus Deutschland lautet 00972-2-6243851. Gute Billig-Vorwahlnummern sind 01017- und 01027, die kosten beide (zur Zeit!) 2 ct/min. Man kann die aktuellen unter www.billiger-telefonieren.de/festnetz/schnellrechner nachgucken. Meistens bin ich zwischen vier Uhr nachmittags und neun Uhr abends zu Hause und versuche meine Berge von Hausaufgaben aus dem Sprachkurs zu erklimmen.

Freitag, 3. August 2007: Stromausfall

Heute Nachmittag um ein Uhr ist in der ganzen Stadt der Strom ausgefallen. Das passiert im Sommer hin und wieder, wenn alle ihre Klimaanlage auf 13 Grad stellen. Diesen Sommer war es erst einmal passiert, und die Jerusalemer sind wohl auch ganz stolz darauf. Heute also das zweite Mal. Ich hatte um viertel nach eins Uni-Schluss und bin dann mit dem Bus nach Hause gefahren. Ich konnte also hautnah erleben, dass sich der Stromausfall längst nicht so schlimm auf den Verkehr auswirkt wie man bei der kopflosen israelischen Mentalität meinen könnte. Der Bus braucht zwar statt 20 Minuten 40 von der Uni zu mir nach Hause. Aber auf den zweiten Blick verhalten sich die Jerusalemer Verkehrsteilnehmer ohne Ampeln eigentlich nicht anders als mit Ampeln. Sie stehen entweder mit dem Fuß auf dem Gas oder auf der Bremse. Stehen sie auf der Bremse, ist die Hand synchron auf der Hupe. Ob dabei die Ampeln hin und wieder zwischen den Farben grasgrün, sonnengrün und kirschgrün wechseln oder – eben bei Stromausfall – alle gleichzeitig in freundlichem sonnengrün blinken, stört niemanden.

Donnerstag, 2. August 2007

Donnerstag, 2. August 2007

Sitze genau wie die letzten drei Tage auf der Fußgängerzone Ben Jehuda. Das könnte echt mein Standard-Feierabend werden. Hier herrscht das pralle Leben. An jeder Ecke Leute mit Gitarre, Bongotrommeln und Mundharmonikas. Tausende von Jugendlichen und Jung gebliebenen… mit und ohne Alkohol. Aber das beste: Hier gibs einige freie Wireless Internetzugänge. So hab ich tolles Hintergrundprogramm und kann gleichzeitig E-mails schreiben und endlich mal meinen Blog in Schwung bringen. Und, isses wenigstens halbwegs interessant, was ich bis jetzt so schreibe?
Mein erster Tag im Sprachkurs heute war prima. Es ging aber auch erst um elf Uhr los, morgen früh starten wir schon um halb neun. Da sieht dann vielleicht alles schon wieder etwas anders aus… Meine Klasse ist schön klein, so dass man auch hin und wieder dran kommt und was gefragt wird – auf Hebräisch natürlich, in einem Affentempo und garantiert bei den Themen, bei denen man grade gar nix verstanden hat. Zudem sitzen noch zwei Jungs aus Russland und aus Turkmenistan mit drin, die die ganze Zeit redenFragenstellenAnmerkungenmachenundschonwiederredenbevormannurdenMundaufgemachthatumselbermal eine Frage zu stellen – offensichtlich haben sie Hebräisch ausschließlich mündlich gelernt. Keine Chance also, mal bei den Fragen zu Wort zu kommen, bei denen man etwas sagen KÖNNTE. Aber nu! Wenigstens heute Nachmittag bei den Hausaufgaben war ich mein eigener Herr. Bis zehn Uhr hab ich gearbeitet und sogar fast alles fertig gekriegt.Stelle grade mit schon ziemlich müdem Kopf fest, dass wir freitags mit dem Sprachkurs früher aufhören. So weit, so gut. Allerdings sind wir hier in Israel, deswegen ist nur der Sabbat frei und am Sonntag geht’s schon wieder weiter. So weit nicht mehr so gut. Kann also weder sonntags zum Gottesdienst gehen (es sei denn, ich finde einen am Abend) noch so richtig lange Wochenende spielen… Man ist in Deutschland schon ziemlich verwöhnt mit zweieinhalb Tagen Wochenende.

Montag, 30. Juli 2007

Ein überaus erfolgreicher Tag liegt hinter mir. Ich habe auf einem israelischen Markt ordentlich Obst und Gemüse eingekauft, einen neuen Telefon- und Internetanschluss für mein Zimmer beantragt, mir selbständig ein Mittagessen gekocht, mir eine israelische SIM-Karte fürs Handy zugelegt, bin mit meinem neuen Laptop zweieinhalb Stunden per Wireless LAN im Internet gewesen, eine schon fast fertige Rundmail an alle sensationslüsternen Freunde in Deutschland geschrieben und einen ganzen Haufen E-mails beantwortet. (Wehe, Du fragst, warum Deine noch nicht dabei ist. Damit noch was für die nächsten Tage zu tun bleibt, hab ich sie und die Eroberung Jerusalems erst mal auf morgen verschoben.)
Habe mir voller Stolz die ersten „richtigen“ Anerkennungspunkte für echt israelisches Verhalten erarbeitet. Bin von einem Auto angehupt worden, als ich die Straße überquert habe. Die Straße zu überqueren ist hier eine der Sachen, die so richtig nach meinem Geschmack sind. Endlich behandeln einmal alle Menschen die Verkehrszeichen und Ampeln so, wie sie eigentlich gedacht sind: als reine Vorschläge, wie man sich unter Anderem AUCH verhalten könnte.Heute Abend waren wir noch einmal in der Stadt, um uns ein gemütliches kleines typisches israelisches Lokal zu suchen und uns auf das Jahr vor uns einzustimmen. Sind schließlich in Ermangelung von Alternativen in den Irish Pub gegangen und haben unglaublich teure Guiness und Cola getrunken. Lechajim!

Sonntag, 29. Juli 2007: Endlich angekommen

Entgegen meiner großspurigen Versprechen in meiner Rundmail („Jerusalem, nimm Dich in Acht! Ein Ostfriese kommt Dich erobern.“) bin ich heute Nacht wohl eher wie ein übernächtigter und überladener Fußsoldat im Gelobten Land eingetrudelt. Als der Flieger (für München reeelativ pünktlich) ungefähr um 20 Uhr startete, war ich noch ziemlich aufgeregt. Als er um halb eins Jerusalemer Zeit landete, wusste ich schon, dass ich eigentlich nur noch irgendwo alle Viere von mir strecken wollte. Aber noch war es nicht so weit… Ich hatte vorher noch ein paar Sachen zu lernen.
Die erste wichtige Lektion, die für meine persönlich-charakterliche Entwicklung wohl irgendwie so furchtbar wichtig war, dass sie nicht bis zum nächsten Tag oder von mir aus bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten konnte, war folgende: Das Sperrgepäck, wozu wegen Übergröße auch meine heiß geliebte Gitarre Josy gehörte, wird am Flughafen in Tel Aviv an einer anderen Stelle zurückgegeben als die Koffer und Taschen. Nicht nur wegen Josy war das unangenehm, sondern auch weil in der Gitarrentasche die Haus- und Wohnungstürschlüssel für meine Wohnung in Jerusalem waren. Es kostete mich ca. eine halbe Stunde und anderthalb Bündel Nerven, bis wir alle wieder glücklich vereint waren.
Die zweite Lektion lautete, dass israelische Taxifahrer einem nicht immer die Wahrheit sagen, wenn sie was verdienen wollen. Ich fand nicht auf Anhieb ein Sherut-Taxi. Diese freundlichen Gefährte bringen immer mehrere Leute zu einem festen Preis von 45 Schekel pro Person (umgerechnet 8 Euro) die 60 km von Tel Aviv nach Jerusalem. Deshalb geriet ich an einen Einzeltaxifahrer, der mir die Fahrt für 360 Schekel anbot. Wer den Dreisatz aus der fünften Klasse noch beherrscht, darf sich selber ausrechnen, wie er mich geschröpft hat… Ich handelte ihn auf 350 Schekel runter (was mir heute, wo ich wieder wach bin, nicht mehr als Glanzleistung meiner Feilschkunst vorkommt. Aber da ich so müde war, merkte ich es nicht. Erst als mir auf der Taxifahrt einfiel, dass ich ja einfach am Flughafen jemanden hätte suchen können, der auch nach Jerusalem will, und mir das Fahrtgeld mit ihm hätte teilen können, fing ich an, mich über meine altbekannte Schusseligkeit zu ärgern.Dafür, dass ich die Lektion trotzdem brav und demütig über mich ergehen ließ, landete ich dann auch bald – sprich: um halb drei nachts – und ohne weitere Komplikationen vor meiner neuen Adresse. Durch Ausprobieren fand ich heraus, welche der vielen Haustüren meine „Knisat Gimel“ (zu deutsch: Eingang C) war. Ich hoffe, dass niemand beim Ausprobieren Angst gekriegt hat, eine ostfriesische Räuberbande wolle seine Tür knacken und die Wohnung plündern. Ohne noch groß die Welt aus den Angeln zu heben, rollte ich mich in meinen Schlafsack. Irgendwas muss ja auch noch für morgen bleiben, dachte ich mir und verschob die Eroberung Jerusalems auf den nächsten Tag. Ich rollte mich schon bald wieder aus, weil es bei 27 Grad mit Schlafsack doch zu warm war. Dann aber schlief ich ungestört bis zum Vormittag und döste noch eine Weile vor mich hin, bis um halb elf die Hitze mich endgültig wieder in die Höhe trieb.
















Der Sonnenuntergang am nächsten Abend von meinem Fenster aus